Samstag, 12. April 2014

Über den Tod

Auch wenn viele einen Schlaganfall überleben, gibt es Todesfälle und Angehörige haben eine Menge Fragen, mit denen sie alleine gelassen werden. Die Wahrheit ist, über den Tod könnten eigentlich nur diejenigen genau schreiben, die es nicht überlebten, nur die sind nicht mehr unter uns.

Trauernde Hinterbliebene quälen viele Fragen, auf die es kaum eine Antwort gibt!

Wie hat sich der Verstorbene gefühlt, hatte er Schmerzen, hatte er Todesangst? Diese Fragen werden mir immer wieder gestellt und so versuche ich hier darauf zu Antworten:

Der Tod ist für Angehörige nicht vorstellbar, für den Menschen selber aber nicht schlimm, so denke nicht nur ich, sondern ähnlich Betroffene, die auch fast gestorben wären. Es ist ein Ereignis, das ich als angenehm und eigentlich schön empfunden habe.                                                                                                                          

Unser Körper reagiert so gut, dass man nicht bewusst erlebt, wie man stirbt. Es ist wie beim Einschlafen, dabei merkt man auch nicht, wann genau das passiert. Man ist frei von allen Sorgen, kennt keine Schmerzen und möchte einfach nur schlafen.
Wäre ich gestorben, hätte ich es vermutlich ungefähr so wie Pam Raynolds mitbekommen. Ich bin sicher, dass ich mich entscheiden konnte, den schönen Tod (die Reise ins Licht) zu wählen, oder das anstrengende Leben noch einmal zu versuchen.

Wieso kann ich so eine Behauptung aufstellen?

Nun, ich war fast tot, denn nach einer Hirnblutung im Stammhirn III. Ventrikel, habe ich nur mit viel Glück  und durch rasches Handeln aller Beteiligten überlebt. Das Stammhirn ist zuständig für alle Lebensnotwendigen Organe, also Herzschlag, Atmung, Leber- und Nierenfunktion.

Man kann sich auch als Außenstehender leicht vorstellen, dass ich dem Tod näher war als dem Leben. Ich wollte alleine nicht mehr atmen und die Nieren haben ihre Arbeit eingestellt. Jedenfalls gab mir kein Arzt eine Chance, die Blutung zu überleben. Meiner Frau wurde nahe gelegt, sich Gedanken über meine Organe zu machen, wenn ich Hirntod wäre. 7 Menschen warteten auf Spenderorgane. Hätte ich eine ärztliche Verfügung unterschrieben, weil ich als schwer Behinderter nicht leben wollte, dann wäre vermutlich die Beatmung, oder die Ernährung eingestellt worden und 7 Menschen hätten sich über meine Organe gefreut.

Ich weiß, dass ich vorher mit dem Gedanken spielte, eine Verfügung zu unterschreiben und das mache ich persönlich sicher nie mehr. Denn das beschäftigte mich im Tiefschlaf. Allerdings ist das eine Entscheidung, die jeder selber treffen muss und da will und kann ich keinen Rat geben!

Es ist immer der falsche Zeitpunkt, bei so einem Ereignis, das so schnell passiert. Man möchte noch so viel sagen und ließ sich vorher so lange damit Zeit, man hat noch so viel zu tun, diese Dinge gingen mir durch den Kopf, bevor ich ins Koma fiel. Ich weiß, dass viele Angehörige genau damit nicht fertig werden!

Bei einem Unfall, oder wie bei mir die Hirnblutung, erspart man sich die Todesangst, aber dafür bekommt man vieles nicht mehr geregelt. Bei Krebs hat man einige Zeit darüber nachzudenken und da kommt sicher Todesangst dazu. Dafür kann man in einem geregelten Umfeld sterben.

Im tiefen Koma bekommt man von außen auch nichts mehr mit, da ist man alleine mit sich und den Eindrücken, wie mit der Reise in das schöne Licht. Im künstlichen Koma schon. Ich wusste genau, dass meine Frau und meine Tochter über mich wachten und das gab mir Sicherheit, damit niemand meine Organe entnimmt.

Viele Angehörige wissen nicht, was sie mit einem Komapatienten reden sollen. Sprechen sie wie mit einen wachen Patienten, erzählen sie über ihren Tag, oder lesen sie ihm die Tageszeitung vor. Ein wenig kommt sicher an und beruhigt den Patient. Ich konnte in meinem künstlichen Koma klar denken, ich hatte Wach- und Schlafphasen. In den Wachphasen hörte ich meine Frau und in den Schlafphasen hatte ich schöne Träume.

Sicher werden manche sagen, der Tod liegt in Gottes Hand und nie bei dem Menschen selber. Man kann zu Gott stehen wie man will, dennoch gibt es eine Kraft, die schon sehr an Gott glauben lässt. Ich bin kein gläubiger Mensch, zumindest fange ich mit der Kirche nicht viel an. Seit meiner Hirnblutung beschäftige ich mich allerdings auch mit Astronomie und eigentlich muss es etwas geben, das wir als Gott bezeichnen!

 Es gibt so viele Religionen, die ganz anders sind, als unser katholischer Glaube. Da werden Feste gefeiert, wenn einer ihrer Lieben vom Leben in eine bessere Zukunft gegangen ist.

Ein schönes Leben nach dem Tod, man weiß es nicht.

Jedenfalls gefällt mir diese Einstellung besser als die demütige Trauer bei uns. Nun von klein auf, wurde mir von Himmel und Hölle erzählt, nur daran kann ich mich nicht festhalten. Aber diese Kraft, oder Energie gibt es, wenn man vom Leben abschied nimmt. Manche berichten von einem hellen Licht, in das sie gehen, daran kann ich glauben. Und vermutlich wird es auch so sein.

Wenn man das jetzt wissenschaftlich betrachtet, gibt man ja seine Gene an die Kinder weiter und bekommt so das ewige Leben. Denn wenn es irgendwo noch einen Menschen gibt, der an den Verstorbenen denkt, wird seine Energie noch da sein. Energie, unsere Gedanken, stehen ja im Raum, wo ist diese Energie, wenn unser Körper nicht mehr lebt? Ich glaube nicht, dass die einfach weg ist. Schon Einstein befasste sich mit Zeit und Raum und solange es wen gibt, der an den Toten denkt, lebt man zumindest in Gedanken weiter.

Probiert es aus, fragt einen nahen Toten über ein Rezept, oder bittet ihn um Rat. Ich bin sicher, es kommen Antworten. Manche versuchen für sich, bei übersinnlichen Menschen Trost zu erlangen, das kann funktionieren, wenn man daran glaubt. Der eigene Körper spielt dann etwas vor, das wirklich realistisch sein kann. Und solange damit kein Schaden angerichtet wird, kann ich mir durchaus vorstellen, dass es ein Trost ist. Leider weiß und hört man oft von Schwindlern, die nur das Geld der Leidtragenden wollen. Näher möchte ich mich dazu nicht äußern.

Energie zwischen zwei Menschen gibt es!!!

Wer hat noch nicht erlebt, dass einem ohne es zu wissen, jemand auf den Rücken starrt, oder man genau weiß, wer gerade anruft. Wer hatte noch keine Vorahnung. Und da soll jetzt der Tod der letzte Schluss aller Weisheit sein. Das glaube ich nicht.

Ich glaube daran, dass der Tod einem Menschen den Körper nimmt, aber niemals das Leben, die Energie die er da lässt.

 

 

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